Christian Handel, (17.9.1916 - 17.1.2008) erzählt in seinem Buch “Guggegaich” aus seiner Kindheit.

Das Foto zeigt seinen Vater Christian Handel (1880-1951)

SCHÖNE JUGENDZEIT
Meine früheste Erinnerung geht zurück bis zum Jahre 1919. Der unselige 1. Weltkrieg war längst vorbei, aber Mutter hatte von unserem Vater seit vielen Wochen nichts mehr gehört. Draußen regnete es, und wir vier Geschwister spielten im Zimmer. Plötzlich brach zwischen Maria und Emil ein Streit aus. Er warf ihr wütend ein Spielzeug nach, das aber traf nicht meine Schwester, sondern mitten in die Fensterscheibe, die dabei zu Bruch ging. In Wannweil gab es keinen Glaser, und Telefon kannte man noch kaum. Also mußte mein Bruder Emil, der damals zehn Jahre alt war, nach Kirchentellinsfurt laufen und dem Glaser sagen, daß er eine neue Scheibe einsetzen solle. Schon am nächsten Tag kam der Glaser. Er hatte einen Schnurrbart und trug ein Holzgestell mit dem Glas auf dem Rücken. Zwei Tage später stand ich auf der Bank am Fenster und schaute die Straße hinunter. Auf einmal schrie ich: “Mutter, der Glaser kommt!“ Meine Mutter konnte das nicht glauben und schaute ebenfalls zum Fenster raus. Da rief sie fassungslos: “Das ist ja der Vater!“ Ich kannte ihn noch nicht, weil ich im Krieg geboren bin. So hielt ich meinen Vater, der auch einen Schnurrbart hatte und seinen Tornister auf dem Rücken trug, für den Glaser, der damals das Fensterglas mit dem Holzgestell auf dem Rücken transportierte.

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