Bäckergeschichten




Rosa Henes geb. Wollpert, *1906,Tochter von Bäckermeister Heinrich Wollpert, erzählt:
Mein Vatter hat jedes Jahr Schnitzbrot gebacken, vorher hat man Schnitz und Zwetschgen gedörrt. Brot machten die Leute selber, das hat er nur Lohngebacken, dafür brauchten sie viel 'Pfender' (weißes Pfundbrot) diese mußte die Pauline am Sonntagmorgen mit dem Bauscht und einem 'Kratten' auf dem Kopf austragen. Einmal brachte die Pauline im Bauscht Läuse mit heim, weil sie den Bauscht bei der Kundschaft auf den Tisch legte. Unsere ganze Familie bekam damals Läus'. Viele Wannweiler kauften jeden Sonntag einen 'Pfender' Im Krieg hat unsere Mutter fest schaffen müssen, Ofen schüren, backen und verkaufen. Der Vater war nur in Cannstadt Soldat in einer Kommissbäckerei, er kam jeden Samstag heim und brachte mir ein Kommisbrot mit weil ich das so mag. Der Landjäger kontrollierte damals unsere Backstube, weil wir kein neugebackenes Brot verkaufen durften. Meine Mutter mußte die Brot-Diele in den Keller tragen, vom frischen Brot hätten die Leute zu große Bissen gegessen.(am alten Brot konnte man länger kauen) Im Laden haben wir damals alles mögliche verkauft: Hefte Zeichenblöcke, Bleistifte, Erdöl, Salatöl, und vieles mehr. Mancher ist auch gekommen und sagte:" Heinrich gib auch ein Geld, das arme 'NN-weible' hat er ganz verhalten.

Zu den Fotos:
Für Hochzeiten galt in den 30er-Jahren der Hefekranz als Standardgebäck. "Heinre bach mir au fir mei Haohzat am Samstech vierazwanzg Hefagrenz," so lautete die Bestellung. Hier stehen Sie vor dem Backofen, frisch ausgeschossen.

Bäckermeister Heinrich Wollpert, Jahrgang 1880, vor seinem Dampfbackofen beim Einschießen. Auf dem nächsten Bild beim Mehlsieben.

Auf dem unteren Bild dient er dem Kaiser an der Verpflegungsfont bei der Feldbäckerei in Cannstadt.

Im Kommentar steht ein nettes, schwäbisches Gedicht: Der Hefekranz. (Eingestellt von Werner Früh)

Kommentare

Werner Früh hat gesagt…
Beim Anblick dieser schönen "Hefakränz" fällt mir ein schwäbisches Gedicht ein:

D'r Hefakranz!

D' Muatter lässt am Freitich Obend, äls a Toigle ao,
dass mr en sei'n Sonntichkaffee - Kucha einedonke ka,
Deckt en sachte mit ma Tüachle - mit ma saubra -
zua ond se goht mit leichtem Herza, fröhlich no zur Ruah.

Jetzt - wia sia am andra Morga en ihr Küch' neiguckt,
liabe Zeit, do hot dr Schrecka, schier ihr Herz aadruckt.
Schloft do s'Hurgele - dr Kater - en dera Schüssel fest,
schnurrt und schnarcht, als wär des Toigle grad sei Katza-Nest.

S'isch scho uff da Letschta ganga, grad am Monatsend',
drei Pfond Mehl send en dr Schüssel, d' Muatter dui rengt d' Händ,
no jagt sui den wüasta Denger aus dr Schüssel naus,
dass er voller Angst ond Schrecka - flüchtet aus em Haus.

Ond no lupft se uff des Tüachle - s' Herz des klopft derbei -
denkt, wia dr Katzatoig dodronter, wohl zom fenda sei?
doch hehlenga muass se no doch lacha, guckt na, wiea no nia,
isch en d' Höh des Toigle ganga, onterem Katzavieh!

Ond koi Härle ond koi Dreckle, guckt mr au no so na,
auganz gwiess koi Katza-Gschmäckle, wenn mr no so schnuppert dra.
Noi s' wär Send' ond Schad' oms Toigle, wegschmeissa tuat mr den nett,
na nemmt se ganz schnell d' Zibeba, Zucker, Oier ond au Fett.

Ond en Hefakranz en nobla flicht se zemma schnell,
liabr Beck jetzt bach den Kuacha - z' donkel nett ond au nett z' hell!
Ond wia er so stoht am Sonntichmorga - bei dr Kaffeekann'
muass a jeds - vora der Vatter - grad sei Freud' dra hann.

Dapfer donkt er ens Kaffeele - Stücker sieba, acht ond voller Lob er secht
"So lugg wia desmal Muatter, hoscht no nia oin gmacht!"
s' Muatterle, des lacht a Bissle - denkt ans Katza-BEtt!
Woisch dr Toig hot halt desmol au zom Ganga, grad de richtig Wärme ghet.
Anonym hat gesagt…
Vielen Dank, lieber Werner, für dieses herzerfrischende Gedicht. Gut getroffen!
Gruß Walter

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