Die Blaulache 1928

Der Fußgängersteg über das Schilf und unter der Eisenbahnbrücke hindurch.
Blick an der Brücke entlang nach Kirchentellinsfurt
An der Blaulache
Die Blaulache, an der Bahnlinie zwischen Kirchentellinsfurt und Lustnau, ist ein Altarm des Neckars. Uns Kinder hat man damals davor gewarnt, dem Gewässer allzu nahe zu kommen und gerade deshalb hat uns die Blaulache magisch angezogen. Allein das Wissen, dass in dem sumpfigen, Schilfbestandenen Strand schon Mancher unrettbar versunken sein soll, regte unsere Fantasie an. Für die Eisenbahn gab es eine genietete Eisenfachwerkbrücke und darunter einen Fußgängersteg über das sumpfige Schilfgewässer. Dass unsere Eltern die Warnungen nicht aus der Luft griffen, zeigt ein Kirchenbucheintrag.

Aus dem Kirchenbuch der Gemeinde Wannweil:
Der Wannweiler Pfarrer Lorenz Ruoff schreibt: „ Johann Immanuel Gaißer, geb. 22. Januar 1787, Metzger von Walddorf, Sohn des Johann Ludwig Gaißer, Schulmeister von Walddorf und der Jakobine geb. Stephan hat sich einige Jahre Hier (in Wannweil) aufgehalten und die Metzgerei getrieben. Er ist am 25. April 1837 auf dem Heimweg vom Tübinger Markt, wahrscheinlich betrunken, abends in die Blaulach gefallen und daselbst den 26. tot gefunden worden. Die Beerdigung war in Wannweil am 28. April nachmittags 3 Uhr.“ Damals gab es allerdings noch keine Eisenbahn, die fuhr erst 24 Jahre später, aber der nächste ebene Weg nach Tübingen führte an der Blaulache vorbei.

Die Blaulache in der Heimatliteratur
Ludwig Finckh schreibt in "Der Bodenseher": "Die Blaulach war ein alter Tümpel, den man vom Hörensagen kannte; es mußte ein Nachen auf ihm stehen und Schilf herumwachsen; im Sommer sollten Seerosen blühen....das Baden sei gefährlich, das Wasser wäre zu tief, und sie soll ein stehengebliebener Rest vom Neckar sein, der vor Zeiten hier gelaufen." Im Roman wollen drei Kinder aus Reutlingen unbedingt hier baden. Sie haben die Blaulache gefunden und sind im Begriff, sich auszuziehen." Ihr Galgenstricke, fuhr uns da einer an, der in einem Nachen hinterm Schilf vor kam, wollt ihr mit Gewalt versaufen? Zieht eure Hosen wider an, in der Blaulach nimmt es einen hinunter. Herr Bahnwärter, sagte Judith, und ich sah jetzt auch, daß er eine Bahnwartkappe trug, wir kommen von der Achalm und müssen hier baden."
Der Eisenbahner, mein Urgroßvater Christoph Ott war bis 1876 Bahnwärter auf diesem Posten, zeigte den Kindern einen ungefährlichen Badeplatz und stärkte sie mit Milch, bevor sie wieder den Heimweg auf die Achalm antraten.

Eisenbahnbrücke an der Blaulache, Mädchengruppe um 1928


links Maria Lumpp verh. Gaiser (1904-1984) 4. v.l.  Ihre Schwester Elisabeth (1908-1982) rechts daneben Pauline Ott (1901-1962)


Fußgängersteg an der Blaulache, Blick zum Weg

links Maria Lumpp verh. Gaiser (1904-1984) rechts Ihre Schwester Elisabeth (1908-1982)

Kommentare

Werner Früh hat gesagt…
Tolle Geschichte, die ich noch nie gehört habe. Vielen Dank!
Raimund Vollmer hat gesagt…
Ich bin derselben Meinung wie Werner. Das ist eine Geschichte, die einen in sich hineinzieht, wie die Blaulache.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Bahnhofstraße vor 48 Jahren, ein Vergleich

Hausabbrüche in der Bahnhofstraße

Willi Narr, ein Wannweiler Original