Bahnhof Wannweil


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Zur Geschichte des Bahnhofs Wannweil

Technische Ausstattung:
Der Bahnhof Wannweil war ein „richtiger Bahnhof' mit den Richtungsgleisen Plochingen - Tübingen und Tübingen - Plochingen mit einer Weiche für das Abstellgleis, einer Schranke und je zwei Einfahrts- und Ausfahrt - Hauptsignalen. Für Richtung Reutlingen standen die Signale in der Au gegenüber der seit 1900 bestehenden Schreinerei Ott und etwa in Höhe der Firsthalde.

Das Ausfahrtssignal Richtung Tübingen stand hinter dem Bahnübergang gegenüber dem Sägewerk von Zimmermann Gaiser. Auf Bahnhof Wannweil konnten Züge beginnen und enden (z. B. Arbeitszüge zum Transport von Schotter oder dgl.). Im Bahnhof befand sich ein mechanisches Kurbelstellwerk. Die Verbindung zu den Hauptsignalen geschah mit Hilfe von Drahtzügen. Im Kurbelstellwerk wurde auch die Weiche für das Abstellgleis entriegelt und bei Bedarf von Hand umgelegt.

In Vergessenheit geraten ist die Existenz der beiden über 2 Meter hohen Abläutewerke, die auf dem Bahnsteig standen. Für Züge von Reutlingen ertönte das Läutesignal 1x, von Richtung Reutlingen 2x. Das Abläutesignal wurde mit Hilfe einer Induktionskurbel bei Abfahrt der Züge von den Nachbar-Bahnhöfen von den Fahrdienstleitern ausgelöst. Betzingen, Wannweil und Kirchentellinsfurt bildeten jeweils einen Streckenblock.

Ein Abortgebäude mit Frauen- und Herrenabort, Pissoir sowie ein Öllager gehörten bis in die 1960 er Jahre zum Ensemble der Wannweiler Bahnbauten.

DAS PERSONAL: Auf Bahnhof Wannweil waren 4-5 Mann Personal beschäftigt, der Bahnhofsvorstand hatte am Ort zu wohnen. Der Bahnhof war von 04:00 Uhr bis 01:00 Uhr nachts besetzt. Erster Zug war ein Personenzug nach Reutlingen, der letzte Zug ein „Eilzug“ von Stuttgart nach Tübingen. Tagsüber war der Bahnhof mit 2 Mann besetzt, nämlich einem Fahrdienstleiter und einem Weichenwärter. Letzterer hatte die Petroleumlampen zu reinigen und mit neuen Dochten auszurüsten. In den 1960 er Jahren wurden sie durch Gaslampen ersetzt, die ständig brannten.
DIE WANNWEILER UND IHR BAHNHOF
In den 1950 er Jahren fuhren jeden Tag Hunderte von Wannweiler nach Reutlingen zur Arbeit und in die Schulen. Entsprechend groß war der Andrang an der Bahnsteigsperre. Aus Sicherheitsgründen war kein freier Zugang zu den Gleisen. Früher musste man viel an der Schranke warten, bis die Unterführung um 1960 gebaut wurde. Sozialgeschichtlich ist folgendes interessant: Die Mittagspause nutzten etwa ein Dutzend Arbeiter zur Heimfahrt nach Wannweil. Sie nahmen im Wartesaal eine Mahlzeit zu sich, die ihnen von Familienangehörigen gebracht wurde. Zum Heim gehen hätte die Mittagspause nicht gelangt. Mit dem nächsten Zug fuhren sie zurück zur Arbeit. Stückgut und Expressgut konnte den ganzen Tag über aufgegeben oder abgeholt werden. Güterbeförderer war der Fuhrmann Welsch mit seinem Pferdegespann. Er wohnte auf der Steinge. Gottlob Henes aus der Hauptstraße 17 war mit seinen Pferden im Auftrag der Spinnerei unterwegs. Hauptsächlich Kohlen und Baumwolle wurden vom Waggon von Hand umgeladen auf das Pferdefuhrwerk und dann in der oberen Fabrik wieder abgeladen. Heute mutet uns solcherart Arbeitsweise umständlich an im Zeitalter des Lastwagens.

Heute kommen nur noch wenige Menschen im Vergleich zu früher auf den Bahnhof Wannweil, weil fast jeder ein Auto hat. Fahrkarten werden schon lange nicht mehr am Schalter, sondern an den zwei Automaten verkauft, die am Bahnsteig stehen.

Zu erwähnen wäre noch die Sprengung der Ebbachbrücke im April 1945. Im Herbst 1945 war sie wieder eingleisig befahrbar. Der zweite Brückenteil war ab Mitte 1946 wieder benutzbar.
Alle erdenklichen Lok- und Wagentypen sind seit den 1860 er Jahren durch den Wannweiler Bahnhof gefahren. Das Empfangsgebäude ist 1903 in der Länderbahnzeit erbaut worden. (Die Eisenbahn-Geschichts-Epoche 1 wird bis 1920 gerechnet. Es existiert auch noch in der Eisenbahn-Geschichtsepoche V. (Die Zeit der Deutschen Bahn AG, - die ab 1994 bis heute gerechnet wird.) Zur überall nach den gleichen Gesetzen ablaufenden Geschichte gehört, dass die Gemeinde Wannweil das für den Bahnbetrieb funktionslos gewordene Empfangsgebäude erworben hat. Die Ortsgruppe der DLRG richtet es für ein Vereinsheim her und führte eine vorbildliche Renovation durch.
Die Aufnahme entstand 1906, Text: Botho Walldorf und Walter Ott

Kommentare

Werner Früh hat gesagt…
Klasse Text und Bilder. Vielen Dank.

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