Die Bewohner des 12. Hofes

Christine Mayer geb. Gaiser (1878 - 1951)

Der Heimatbuchautor Georg Mayer schreibt zum Bild seiner Mutter: "Vollendetes Leben einer Bäuerin". Christine ist die Tochter des Dorfschmiedes Johann Georg Gaiser und heiratet 1989 den 26jährigen Bauer Stefan Mayer. Ihr selbst fehlten noch ein paar Monate zur Volljährigkeit. Ihre Mutter, die Christina Gaiser geb. Knoblich brachte 12 Kinder zur Welt, es sollten nur drei ins heiratsfähige Alter kommen. Sieben starben im Säuglingsalter, Töchterlein Christina wurde dreieinhalb und Emma zehn Jahre alt. Tochter Maria, die Schwester der Christine Mayer, heiratete den Sohn des letzten Bauernschultheiß Brucklacher.

Georg Mayer schreibt über die Ablösung der Grundlasten im Jahr 1835

Heimatbuch Georg Mayer Seite 144/145

Die entscheidenste Tat von Schultheiß Brucklacher und dem Bürgermeister und späterem Schultheißen J. J. Mayer war aber die Ablösung der Grundlasten, die auf den 15 Höfen Wannweils seit über tausend Jahren lagen.
Die Gemeinde nahm bis ins 18. Jahrhundert aus Häusern und Hofstätten 41 Gulden und 41 Kreuzer ein, die Heiligenpflege aus Gütern 11 Gulden, 42 Kreuzer, die Spitalpflege Reutlingen aus 15 Höfen die vierte Landgarbe, ferner für Hellerzinsen und Naturalleistungen 103 Gulden und 54 Kreuzer ein. Das letztere hatten nur Wannweil und Betzingen zu zahlen, weil ihr Grund als einstiges römisches Gut Königsgut geworden war und von da über das Bistum Konstanz und die Blankenstein an das Spital gekommen war.
In der Hohenstaufenzeit war das öffentliche und allgemeinrechtliche Verhältnis
der Bauern in ein privat- und vermögensrechtliches Verhältnis umgewandelt worden. Statt der Grundhörigkeit von einst war freie Pachtung geworden. Pacht und alles, was dazu gehörte, machte rund ein Drittel des Ertrags aus. Alle diese Grundlasten. wurden 1835 abgelöst: die vierte Garbe im 24fachen Betrag mit 22.208 Gulden, die andern Lasten 18521873, und zwar der Zehnte für den Staat im l6fachen Betrag:
der große Zehnte mit 6.843 Gulden, der Novalzehnte mit 2.588 Gulden, der Pfarrzehnte mit 8.400 Gulden. Diese Beträge waren von den Inhabern der Höfe zu entrichten. Die meisten hatten das Geld dazu nicht. Also sprang die Gemeinde ein. Denn sie konnte das Geld als Darlehen aufbringen, und zu besseren Bedingungen als die einzelnen Hofbesitzer. Die Höfe waren schon damals meist in Viertelshöfe und in einigen Fällen auch noch in halbe Höfe aufgeteilt. Interessant ist, was einzelne derselben zu zahlen hatten: Jakob Bauer 725 Gulden, Joh. Gg. Brucklacher, der Schultheiß, 808 Gulden, Joh. Gg. Walz 387 Gulden, Jak. Raiser alt 467 Gulden, Joh. Raiser, Küfer, 363 Gulden, Joh. Kern 497 Gulden, Joh. Gg. Henes 896 Gulden, Joh. Gg. Hipp 559 Gulden, Joh. Jakob Mayer, der Gemeindepfleger (Sohn des Schultheißen Joh. Gg. Mayer und späterer Schultheiß) 565 Gulden.
Und nun zeigte es sich, dass doch nicht alle so arm waren, wie sie sich seither gaben. Es muss doch mancher Gulden im Strumpf gewesen sein. Denn viele zahlten sehr schnell ab. Man sieht aber heute nicht mehr so richtig in die damaligen Vermögensverhältnisse hinein. Aus den mir bekannten Verhältnissen aber weiß ich, dass mein Großvater Joh. Gg. Mayer von seinem Vater, dem Schultheißen Joh. Jak. Mayer, außer seinen vielen Gütern 1848 1.500 Gulden Schulden erbte und dass seine Frau, eine Tochter von obigem Joh. Gg. Henes, neben ihren Gütern 1.500 Gulden Barvermögen mitbrachte. Von den andern oben Genannten weiß ich es nicht. Nun hatten allerdings die Henes, wie aus obigen Zahlen ersichtlich ist, einen der größten Höfe. Vielleicht hatten sie deshalb auch wesentliche Ersparnisse. Denn die Henes leben bis heute in einfachster Form. Aber interessant ist weiterhin, dass 1816, als in dem Hungerjahr die größte Not herrschte, vielleicht auch wegen der damaligen Kriege, wo aber die Gemeindekasse, wie ich weiter vorn erwähnte, völlig leer war, der Großvater meiner Großmutter Henes, der Bürgermeister Joh. Gg. Henes, in unserem Haus unter dem Fußboden einen Milchhafen Silbergeld verstecken konnte, und weil er 1821 schnell starb, es nicht mehr hervorholte. Meinem Vater kam es 1898 beim Umbau zugute, weil das Silber noch seinen Wert hatte.
Wie dem im einzelnen auch sei, es ist ersichtlich, dass einige Familien finanziell doch mehr hatten als äußerlich erkennbar war.
Aber unbestritten ist die andere Tatsache, dass manche Bauern um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ihre Höfe verloren, weil sie das Geld nicht mehr aufbrachten, um die Zinsen zu zahlen, viel weniger die Schulden abzutragen. Später gemachte Vorwürfe, die beiden Schultheißen Mayer hätten auch ihnen für Geld sorgen müssen, sind ungerechtfertigt. Denn die beiden haben sicher getan, was in ihren Kräften lag. Die oben angeführten Zahlen zeigen das. Aber wo nichts mehr ist, da hat auch der Kaiser das Recht verloren.

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